Atemlos durch die Nacht
100 km Ultramarathon in Biel
Biel ist die größte zweisprachige Stadt der Schweiz. Doch unter Läufern steht „Biel“ für seine Lauftage und den 100-Kilometerlauf, der Ausdauersportler aus der ganzen Welt anzieht und dieses Jahr bereits zum 59. Mal veranstaltet wurden.
Unter Läufern gilt: „Warst du in Biel, dann bist du wer“. Über 750 Ultra-Läufer zählte der Veranstalter am Start. Darunter auch vier Athleten der LG Neckar-Enz. Veronika Maiwald, Sabine Unger, Franz Hanschek und Uli Winter, alle Langstreckenläufer mit mehrjähriger Marathonerfahrung.
Doch „Biel“ ist kein Marathon! Nicht nur die Muskeln entscheiden, sondern der Kopf, wenn das Ziel noch 50 Kilometer entfernt ist. Bei einem 100-km-Lauf zählt nicht die Tagesform, sondern die Jahresform. Trainingsschwerpunkt der sechsmonatigen Vorbereitung sind lange Einheiten von bis zu 60 Kilometer und ein Marathonwettkampf. Das Enztal und der Naturpark Stromberg-Heuchelberg bieten hierzu das geeignete Trainingsareal. Da der Start um 22 Uhr gegen den Tagesrhythmus erfolgt, sind einzelne Trainingseinheiten zur nächtlichen Stunde unverzichtbar.
Mit reichlich „Biel-Erfahrung“ startete Franz Hanschek (TSV Bietigheim) in die Nacht der Nächte. Viermal steht das "Wembley" der Läufer bisher in seiner Statistik. 2013 nahm der Markgröninger erfolgreich am „Europa Cup der Ultramarathons“ teil. Eine Zielzeit von unter 10:30 Stunden hatte er sich diesmal vorgenommen, um die Qualifikation für die Teilnahme an längeren Ultra- Läufe zu erreichen. Mit 10:09.45 Stunden und dem 3. Platz in der Altersklasse M55 gelang dem Ausdauerspezialist dieses Vorhaben - mit neuem Vereinsrekord.
Nach über 50 erfolgreichen Starts auf der Marathon-Distanz suchte Uli Winter (TSV Bönnigheim) nach einer neuen sportlichen Herausforderung. Wie auch Veronika Maiwald (Spvgg Besigheim) und Sabine Unger (TSV Bietigheim) nahm der Freiberger am letztjährigen Stromberg-Extremlauf mit 54 Kilometer und 1250 Höhenmeter teil. Danach reifte der Gedanke sich an die 100 Kilometer zu wagen. Für das Trio stand weniger die Zeit oder eine Platzierung im Vordergrund, sondern vielmehr das Abenteuer 100 Kilometer in einer Nacht zu laufen. Gemeinsam starteten die Ultra-Debütanten und liefen die ersten 16 Kilometer gemeinsam. Auf den nachfolgenden Kilometern setzte sich Unger von ihren Vereinskameraden ab. Bis zur Marathondistanz betrug ihr Vorsprung 12 Minuten. Maiwald bekam zur Hälfte des Rennen Probleme. Die Siegerin des ersten Bietigheimer Silvesterlaufes trotzte den Umständen, lies sich zurückfallen und blieb im Rennen. Mit Tagesanbruch, nach 66 Kilometer, musste auch Unger kämpfen. Wenige Kilometer später, gezeichnet mit blutigem Knie und Ellenbogen von einem Sturz auf dem berüchtigten Ho-Chi-Minh-Pfad, holte Winter die „Ausreißerin“ wieder ein. In „Teamarbeit“ liefen beide das Rennen zu Ende. Dass Biel kein Laufsteg ist zeigte auch das die hochtechnischen, GPS-gesteuerten Sportuhren zwischenzeitlich auf Grund Energiemangel aufgegeben hatten. Mit einem sehr emotionalen und grandiosen Zieleinlauf durften sich Winter (358/ 25.AKM60) und Unger (60./18.AkW45) nach 13:54.02 Stunden getrost als Sieger fühlen. Auch Maiwald (68./6.AKW55) vollbrachte eine tolle Leistung. Sie bewies mentale Stärke und lief nach 14:33.24 Stunden durchs Ziel. Am Ende war von allen Strapazen nur ein wunderschönes und zufriedenes Gefühl übrig.
„Gleich vier LG-ler dabei - da können die Bestenlisten ja deutlich erweitert werden“, beglückwünschte die LG- Vorsitzende Rose Müller die Athleten über Facebook zur ihren sensationellen Leistungen. Dabei schrieben Unger und Maiwald Geschichte. Sie sind die ersten Frauen seit Bestehen der LG Neckar-Enz, die auf der 100-Kilometerdistanz erfolgreich waren. dm